Reisebericht MS Bremen
Von Kurt B. und Charlotte K.-B.
Sehr geehrte Frau Steidle, sehr geehrter Herr Przybylski,
Zunächst hatten meine Frau und ich die Idee, einfach mal anzurufen, und uns "zurück zu melden". Das wäre sicherlich persönlicher gewesen, hätte aber nicht die Möglichkeit geboten, noch in Bildern unsere Reise nachwirken zu lassen. Also fange ich doch am besten gleich an, einige Gefühle in Worte zu fassen, jetzt, wo wir zwar wieder gesund und wohlbehalten in unserem ebenfalls wohlbehaltenen Zuhause angekommen sind, aber eben doch noch nicht ganz zurück. Das dauert wohl noch ein paar Tage. Der letzte Monat hat sich fest bei uns eingeprägt, und nun folgt ja noch das zweite Erleben, wenn wir die vielen Fotos noch sichten und nachbessern dürfen, um im Ergebnis dann ein tolles Album zusammen zu stellen, und eine "Diaschau" für den Fernseher draus zu machen.
Tja, was hatten wir nicht alles Schönes erlebt. Angefangen beim fulminanten Start in Lissabon hat uns bis auf zwei, drei Tage mässig schönen Wetters das Wetterglück nie verlassen. Alle Mitreisenden waren sich einig: Es war tatsächlich ausserordentlich schön und sonnig. Dies ja ganz im Gegensatz zu den daheim Gebliebenen, welche mancherorts gegen die Wassermassen gekämpft haben sollen. Bei uns verlief alles glimpflich, aber die Nachbarin hat schon fast Schwimmhäute zwischen den Fingern bekommen. Aber geniessen wir doch jetzt die Tage, die noch kommen!
Es war eine sehr facettenreiche und dementsprechend erlebnisreiche Reise, wenngleich natürlich Antarktis-Erlebnisse schlicht unübertrefflich sind! Was wir im Wortsinn erfahren haben mit dem schicken MS BREMEN, ist quasi der linke "Bildrand" Europas, nämlich vom äussersten Südwesten in den äussersten Nordwesten unseres grünen und farbigen Kontinents. Im erstaunlich milden Wetter Lissabons haben wir die eher etwas melancholischen Portugiesen erlebt, und zum Schluss im dank des Golfstromes ebenfalls erstaunlich milden Wetter Islands die vorwärts in eine neue Zukunft strebenden Isländer, wo der Fortschritt förmlich mit Händen zu greifen ist.
Dazwischen in England, Irland und Schottland waren wir eigentlich ganz nah am aktuellen Zeitgeschehen (BREXIT & Co.). Zu merken war davon allerdings (noch?) nicht viel. Während uns vom wilden Schottland schon das Eine oder andere bekannt war, konnten wir unterschiedlichste neue Einblicke ins ebenfalls sehr aufstrebende Irland geniessen. Wir haben die Iren als sehr offenes und gastfreundliches Volk kennen gelernt, und von sehr leisen, intensiven und einzigartigen Natur-Erlebnissen bis hin zu weltberühmten Rockstars (Rory Gallagher, Phil Lynott, ...) eine breite Palette an Bemerkenswertem kennen lernen dürfen. Besonders die wilde Westküste vermittelt noch viel unberührte Natur, welche in neuerer Zeit auch von den Einheimischen wieder vermehrt geschätzt und geschützt wird.
Aber auch Schottland hat uns neue Einblicke und Durchblicke gestattet. Allein schon mit der BREMEN bis Inverary durch das ganze Loch Fyne zu fahren war ein tolles Erlebnis, selbst für Solche, die im Firth of Clyde schon mit dem Raddampfer unterwegs waren, und scheinbar Bekanntes ganz neu zu entdecken ist auch immer sehr reizvoll. Wir haben nicht gezählt, wie oft wir in Rothesay schon ein- oder ausgestiegen sind, aber anlässlich einer ausführlichen Führung erfuhren wir gar Manches über den (leider) ziemlich verblichenen Glanz dieses einst prosperierenden Ferienortes, wo ganz früher die Elite die schönsten Tage des Jahres genoss, und später zehntausende von Arbeiterfamilien aus dem Grossraum Glasgow sich von der Arbeit in der Schwerindustrie (hauptsächlich Schiffbau) erholten.
Völliges Neuland, und am besten mit dem Schiff zu erreichen, waren die Hebriden im Nordwesten Schottlands. Zuvor durfte allerdings ein Besuch in einer der berühmtesten Whisky-Brennereien Schottlands, nämlich die Lagavulin-Distillery auf Islay nicht fehlen. Es sind wahrlich atemberaubende Mengen dieses köstlichen Whiskies, welche da an rund 355 Tagen pro Jahr im 24-Stunden-Betrieb produziert werden. Nur eine Woche pro Jahr muss für die Revisionen reichen. Danach folgte Natur pur, und die Wurzeln des Christentums in Schottland. Waren es auf Rathlin Island hauptsächlich verschiedene Robben-Arten, nämlich der Seehund und die Kegelrobbe, welche uns Fotomotive waren, so war es auf Iona nebst einer sehr urtümlichen Landschaft vor allem die Iona Abbey, bzw. deren schon weit fortgeschrittener Wiederaufbau, der uns beeindruckte. Ein ungewöhnlich grosszügiger Bau auf der relativ kleinen Insel, der sich nur erklären lässt, weil von da aus dem Vernehmen nach Schottland christianisiert wurde.
Weiter ging es in die äusseren Hebriden, und ganz im äussersten Nordwesten liegt St. Kilda. Auch diese Insel hatte mit dem christlichen Glauben zu tun, bevor alle in den 1930er Jahren die Insel vollständig verlassen hatten, mangels genügend natürlichen Nahrungsaufkommens, und wegen der zu grossen Distanz zur nächsten Einkaufs- und Handelsmöglichkeit, welche auf Lewis die Stadt Stornoway wäre. Geblieben sind die Ruinen der Häuser, von denen einige wieder aufgebaut wurden aus touristischen Gründen. Geblieben sind aber auch die heute als endemisch geltenden Soay-Schafe, ähnlich jenen, die bei uns im Mittelalter gehalten wurden. Geblieben sind auch völlig furchtlose, inzwischen auch endemische Vogelarten, wie etwa besondere Zaunkönige, welche es vor vielen, vielen Jahren mal auf diese Insel "geblasen" hat.
Nach einem Seetag erreichten wir dann unser "Zielgebiet" Island. Die erste Anlandung fand im Seyðisfjörður statt. Besonders der Osten Islands ist sehr dünn besiedelt, und hat eine beeindruckende Natur. Zwei besondere Highlights möchten wir Ihnen nicht vorenthalten. Da ist zum Einen der Isländische Mythos der Elfen noch wach, und erst, wenn man zuhause die Fotos anschaut, dann sieht man, dass in der "Elfenburg" oder eben Alfaborg tatsächlich diese unnahbaren, nicht fassbaren Wesen leben. Viel nahbarer und für uns eines der ganz grossen Erlebnisse war das unweit gelegene Hafnarholmi, wo mit viel Aufwand (Treppen und Plattformen, sowie eine Beobachtungsstation) die von Vielen geliebten Papageitaucher fast hautnah erlebt werden können. Es scheint diese kaum zu stören, aber die Fotografen haben sie fast auf dem Serviertablett.
Ja es gäbe noch viele Seiten lang zu schreiben. In Island gibt es ja auch Geysire und riesige Gletscher, aber auch riesige Wasserfälle, wie etwa der Gulfoss, der nur durch glückliche Umstände einem Kraftwerksbau entronnen ist, und heute als Naturwunder erster Güte gilt.
Meine Frau und ich hoffen, dass die beigefügten Bilder wenigstens einen bescheidenen Eindruck unserer Erlebnisse zu vermitteln vermögen. Wir möchten nicht schliessen, ohne uns nochmals ganz, ganz herzlich dafür zu bedanken, dass für uns alles zu unserer vollsten Zufriedenheit organisiert wurde, und tadellos geklappt hat, beginnend mit den unvergessenen Tagen mit Herrn Figueira (unserem Reiseleiter in Lissabon), und endend mit einem sicheren und pünklichen Rückflug nach Zürich, von wo wir wieder gesund und voller Eindrücke nach Hause gehen durften.
Es ist durchaus Absicht, dass diese E-Mail nun etwas ausführlicher geworden ist, denn geteilte Freude ist ja auch doppelte Freude.
Freundliche Grüße
Kurt B. und Charlotte K.-B.